Benutzer:Kersti/Werkstatt/7

Aus Magie und Parawissenschaften

Wechseln zu: Navigation, Suche
(Qualität - Gültigkeit der statistischen Analyse in sich selber)
 
Zeile 1: Zeile 1:
 
== Definition: Homöopathie und Allopathie ==
 
== Definition: Homöopathie und Allopathie ==
 
 
Als Homöopathie bezeichnet er jeden Versuch eine Krankheit zu heilen, indem man etwas tut, was eine ähnliche Krankheit hervorrufen kann, wie die, die geheilt werden soll. Der Reiz sollte dabei ein schwacher Reiz sein, da die Heilung nicht durch diesen Reiz, sondern durch die Gegenregulation des Körpers zustandekommt.
 
Als Homöopathie bezeichnet er jeden Versuch eine Krankheit zu heilen, indem man etwas tut, was eine ähnliche Krankheit hervorrufen kann, wie die, die geheilt werden soll. Der Reiz sollte dabei ein schwacher Reiz sein, da die Heilung nicht durch diesen Reiz, sondern durch die Gegenregulation des Körpers zustandekommt.
  
 
Der Homöopathie stellt er den Begriff Allopathie gegenüber. Als Allopathie bezeichnet er jeden Versuch eine Krankheit zu besiegen, indem man etwas tut, was die entgegengesetzten Symptome der Krankheit hervorruft.
 
Der Homöopathie stellt er den Begriff Allopathie gegenüber. Als Allopathie bezeichnet er jeden Versuch eine Krankheit zu besiegen, indem man etwas tut, was die entgegengesetzten Symptome der Krankheit hervorruft.
  
Ein Beispiel dafür, das Hahnemann selbst in seinem "Organon der Heilkunst" - er hat nämlich empfohlen Verbrennungen nicht zu kühlen sondern warm zu halten. Gleichzeitig hat die Patientin andere Verbrennungen gekühlt, die sie sich gleichzeitig zugezogen hat. Die durch Wärme behandelte Verbrennung hat sich schneller gebessert.<ref group="H">S.59ff</ref>
+
Ein Beispiel dafür, das [[Hahnemann]] selbst in seinem "Organon der Heilkunst" - er hat nämlich empfohlen Verbrennungen nicht zu kühlen sondern warm zu halten. Gleichzeitig hat die Patientin andere Verbrennungen gekühlt, die sie sich gleichzeitig zugezogen hat. Die durch Wärme behandelte Verbrennung hat sich schneller gebessert.<ref group="H">S.59ff</ref>
  
 
Auch in der Psychologie gibt es ein Verfahren, daß Hahnemanns Definition der Homöopathie entspricht. So schlägt Frankel bei seinem Verfahren der Paradoxen Intention vor, daß man bei Neurosen sich das Gegenteil von dem Vornehmen solle, was man tatsächlich beabsichtigt. So könne man beispielsweise der Angst vor einer Blamage Herr werden kann, wenn man sich vorher im Scherz vornimmt: "Jetzt zeige ich den Leuten mal, wie toll ich mich blamieren kann!"<ref>{{:Viktor E. Frankl/Zeiten der Entscheidung}} S.119ff</ref>
 
Auch in der Psychologie gibt es ein Verfahren, daß Hahnemanns Definition der Homöopathie entspricht. So schlägt Frankel bei seinem Verfahren der Paradoxen Intention vor, daß man bei Neurosen sich das Gegenteil von dem Vornehmen solle, was man tatsächlich beabsichtigt. So könne man beispielsweise der Angst vor einer Blamage Herr werden kann, wenn man sich vorher im Scherz vornimmt: "Jetzt zeige ich den Leuten mal, wie toll ich mich blamieren kann!"<ref>{{:Viktor E. Frankl/Zeiten der Entscheidung}} S.119ff</ref>
  
 +
== Häufigkeit der Anwendung ==
 +
1992/93 hatten 1,04% der niedergelassenen Kassenärzte die Zusatzbezeichnung
  
 
== Homöopathische Potenzen - viele enthalten kein einziges Atom der Ausgangssubstanz ==
 
== Homöopathische Potenzen - viele enthalten kein einziges Atom der Ausgangssubstanz ==
 +
Ursprünglich hat Hahnemann mit durchaus meßbaren Mengen der jeweiligen Ausgangssubstanz gearbeitet, mit der Zeit die Menge aber immer mehr reduziert, da er beobachtete, daß sich die Gegenregulation des Organismus auch mit sehr starken Verdünnungen auslösen läßt, sofern die in jeder Verdünnungsstufe sorgfältig verschüttelt wurden<ref group="H">S.73ff</ref>. Das brachte auch Hahnemann schon zu der Erkenntnis, daß es sich bei der homöopathischen Wirkung zumindest in einigen Fällen nicht um eine chemisch vermittelte Wirkung handeln kann. Hahnemann vertritt in seinem "Organon der Heilkunst" daher die Ansicht, daß die homöopathische Wirkung keinerlei materielle Ursache hätte, sondern durch Übertragung der Arzeneimittelinformation verursacht würde, von der er sagt, sie sei geistartig<ref group="H">S.68ff</ref>.
  
Ursprünglich hat Hahnemann mit durchaus meßbaren Mengen der jeweiligen Ausgangssubstanz gearbeitet, mit der Zeit die Menge aber immer mehr reduziert, da er beobachtete, daß sich die Gegenregulation des Organismus auch mit sehr starken Verdünnungen auslösen läßt, sofern die in jeder Verdünnungsstufe sorgfältig verschüttelt wurden<ref group="H">S.73ff</ref>. Das brachte auch Hahnemann schon zu der Erkenntnis, daß es sich bei der homöopathischen Wirkung zumindest in einigen Fällen nicht um eine chemisch vermittelte Wirkung handeln kann. Hahnemann vertritt in seinem "Organon der Heilkunst" daher die Ansicht, daß die homöopathische Wirkung keinerlei materielle Ursache hätte, sondern durch Übertragung der Arzeneimittelinformation verursacht würde, von der er sagt, sie sei geistartig<ref group="H">S.68ff</ref>.
+
Viele Homöopathen, die klassische Homöopathie nach Hahnemann anwenden, arbeiten überwiegend mit den Potenzen C30 und C100. Das heißt die Stoffe wurden 30 mal nacheinander auf 1/100 verdünnt. Das ist 1*10<sup>-60</sup> bzw. 1*10<sup>-100</sup>. Ein Mol Wasserstoff wiegt 1g und enthält nur 6*10<sup>23</sup> Atome (vgl. Lohschmidsche Zahl oder Avogadro Konstante). Um 1 Atom eines auf C30 potenzierten Wasserstoffs zu finden, müßte man durchschnittlich 10 000 000 000 000 000 000 000 Tonnen Milchzuckerkügelchen durchsuchen. Für größere Atome und Moleküle wäre das Ergebnis entsprechend schlechter - man müßte je nach Molekülgewicht noch bis zu drei Nullen anhängen.<ref>Berechnungen auf Grundlage der Formelsammlung: {{:Tilo Fischer/Physikalische Formeln und Daten}}</ref>
  
Viele Homöopathen, die klassische Homöopathie nach Hahnemann anwenden, arbeiten überwiegend mit den Potenzen C30 und C100. Das heißt die Stoffe wurden 30 mal nacheinander auf 1/100 verdünnt. Das ist 1*10 hoch -60 bzw. 1*10 hoch -100. Ein Mol Wasserstoff wiegt 1g und enthält nur 6*10 hoch 23 Atome. Um 1 Atom eines auf C30 potenzierten Wasserstoffs zu finden, müßte man durchschnittlich 10 000 000 000 000 000 000 000 Tonnen Milchzuckerkügelchen durchsuchen.<ref>Berechnungen auf Grundlage der Formelsammlung: {{:Tilo Fischer/Physikalische Formeln und Daten}}</ref>
 
  
Seltsamerweise haben so potenzierte Stoffe dennoch eine nachweisbare Wirkung auf Menschen, Tiere, Pflanzen und Einzeller. Da kein Atom des Ursprungsstoffes in dem Milchzuckerkügelchen, das zur Behandlung verwendet wird, vorhanden ist, scheidet die Möglichkeit, daß irgendwelche chemischen Reaktionen des Wirkstoffes in den behandelten Lebewesen für die Wirkung verantwortlich sind, selbstverständlich aus. Das ist auch nicht wirklich notwendig, weil die Homöopathische Wirkung sowieso auf der Gegenregulation des Lebewesens beruht und nicht auf der direkten Wirkungen des Stoffes selber.
 
  
== Wie sollten Placebokontrollierte Studien zur Homöoppathie ausfallen, falls sie so funktioniert, wie ihre Befürworter es annehmen? ==
+
== Metanalysen zu kontrollierten klinischen Studien zur Homöopathie ==
Krankheiten führt er auf eine "Verstimmung der Lebenskraft" zurück, die in etwa dem entspricht, was die Kybernetik als eine Verstellung des Sollwertes in einem Regelkreis bezeichnet. Homöopathie hilft den Sollwert zu korrigieren, so daß der Körper selber das Problem auf Anregung durch die Homöopathie heilt. Das wird in dem Buch von Georg Bayr dargelegt, das vermutlich in der Naturheilkunde so wenig Beachtung fand, da die wenigsten Ärzte und Naturheilkundler Ahnung von Kybernetik haben und es ihnen deshalb schwer fällt die Fachsprache der Kybernetik zu verstehen während Kybernetiker sich meist nicht mit Homöopathie beschäftigen. Daran daß der Autor mit seinen Aussagen und seiner Zuordnung der homöopathischen Ausdrücke zu denen der kybernetischen Fachsprache recht hat, kann wohl kein Zweifel bestehen.<ref>{{:Georg Bayr/Kybernetische Denkmodelle der Homöopathie}}</ref>
+
=== Wie sollten Placebokontrollierte Studien zur Homöoppathie ausfallen, falls sie so funktioniert, wie ihre Befürworter es annehmen? ===
 +
Krankheiten führt er auf eine "Verstimmung der Lebenskraft" zurück, die in etwa dem entspricht, was die Kybernetik als eine Verstellung des Sollwertes in einem Regelkreis bezeichnet. Homöopathie hilft den Sollwert zu korrigieren, so daß der Körper selber das Problem auf Anregung durch die Homöopathie heilt<ref>{{:Georg Bayr/Kybernetische Denkmodelle der Homöopathie}}</ref>. Das wird in dem Buch von [[Georg Bayr]] dargelegt, das vermutlich in der Naturheilkunde so wenig Beachtung fand, da die wenigsten Ärzte und Naturheilkundler Ahnung von Kybernetik haben und es ihnen deshalb schwer fällt die Fachsprache der Kybernetik zu verstehen während Kybernetiker sich meist nicht mit Homöopathie beschäftigen. Daran daß der Autor mit seinen Aussagen und seiner Zuordnung der homöopathischen Ausdrücke zu denen der kybernetischen Fachsprache recht hat, kann wohl kein Zweifel bestehen.
  
 
Daß letztlich der Körper selbst die Korrekturen vornimmt, die zur Heilung nötig sind, ist eine grundlegende Gemeinsamkeit mit dem Placeboeffekt. Wenn Hahnemanns Theorien stimmen, wäre also zu erwarten, daß homöopathische Mittel in etwa so wirksam sind wie der Placeboeffekt und daß sie in einer Placebokontrollierten Doppelblindstudie zu einem zusätzlichen Effekt führen, der in derselben Größenordnung liegt wie der Placeboeffekt und deshalb statistisch schwer von ihm zu trennen ist.
 
Daß letztlich der Körper selbst die Korrekturen vornimmt, die zur Heilung nötig sind, ist eine grundlegende Gemeinsamkeit mit dem Placeboeffekt. Wenn Hahnemanns Theorien stimmen, wäre also zu erwarten, daß homöopathische Mittel in etwa so wirksam sind wie der Placeboeffekt und daß sie in einer Placebokontrollierten Doppelblindstudie zu einem zusätzlichen Effekt führen, der in derselben Größenordnung liegt wie der Placeboeffekt und deshalb statistisch schwer von ihm zu trennen ist.
Zeile 25: Zeile 26:
 
Das heißt die homöopathische Wirkung müßte nachweisbar aber nicht sehr groß sein. Außerdem ist zu erwarten, daß Homöopathie bei den Krankheiten die durch Placebos gut zu beeinflussen sind, größere Wirkungen erzielt als bei Krankheiten, auf die die Placebowirkung keinerlei nachweisbaren Einfluß hat.
 
Das heißt die homöopathische Wirkung müßte nachweisbar aber nicht sehr groß sein. Außerdem ist zu erwarten, daß Homöopathie bei den Krankheiten die durch Placebos gut zu beeinflussen sind, größere Wirkungen erzielt als bei Krankheiten, auf die die Placebowirkung keinerlei nachweisbaren Einfluß hat.
  
== Ergebnisse von Metaanalysen der vorhandenen Studien ==
+
=== Ergebnisse von Metaanalysen der vorhandenen Studien ===
Es gibt eine Reihe von Metaanalysen, die sich mit der Frage beschäftigen, ob Homöopathische Potenzen bei der Behandlung von Menschen eine über die Placebowirkung hinausgeht.
+
Es gibt eine Reihe von Metaanalysen, die sich mit der Frage beschäftigen, ob homöopathische Potenzen bei der Behandlung von Menschen eine Wirkung haben, die über die Placebowirkung hinausgeht.
  
[[Catherine Hill]] und [[Françoise Doyon]] verfaßten einen Reviewartikel zu 40 homöopathischen Studien, bei denen eine homöopathische Behandlung mit einer Standartbehandlung, einem Placebo oder mit keiner Behandlung verglichen wurde. Sie fanden 40 Studien, die sehr unterschiedliche Erkrankungen repräsentierten. Eine Metananalyse wurde nicht durchgeführt, 19 Studien hatten ein statistisch signifikant positives Ergebnis, 19 hatten kein statistisch signifikantes Ergebnis und zeir zeigten Keinen Unterschied zwischen den Gruppen. Hill und Doyon fanden die ergebnisse nicht ausreichend überzeugend um die Wirksamkeit der Homöopathie zu beweisen. Eine Metanalyse wurde nicht vorgenommen.<ref>{{:Catherine Hill/Review of randomized trials of homoeopathy}}</ref><ref group="C">S.4</ref>
+
[[Catherine Hill]] und [[Françoise Doyon]] verfaßten einen Reviewartikel zu 40 Studien, bei denen eine homöopathische Behandlung mit einer Standartbehandlung, einem Placebo oder mit keiner Behandlung verglichen wurde. Sie fanden 40 Studien, die sehr unterschiedliche Erkrankungen repräsentierten. Eine Metananalyse wurde nicht durchgeführt, 19 Studien hatten ein statistisch signifikant positives Ergebnis, bei 19 war das Ergebnis nicht statistisch signifikant und zwei zeigten keinen Unterschied zwischen den Gruppen. Hill und Doyon fanden die Ergebnisse nicht ausreichend überzeugend, um die Wirksamkeit der Homöopathie als bewiesen anzusehen.<ref>{{:Catherine Hill/Review of randomized trials of homoeopathy}}</ref><ref group="C">S.4</ref>
  
Der Reviewartikel von [[Jos Kleijnen]], [[Paul Knipschild]] und [[Gerben ter Riet]] beruht auf 107 Studien zur Homöopathie. <ref>{{:Jos Kleijnen/Clinical trials of homoeopathy}}</ref>
+
Der Reviewartikel von [[Jos Kleijnen]], [[Paul Knipschild]] und [[Gerben ter Riet]] beruht auf 107 Studien zur Homöopathie, von denen 68 randomisiert waren. Mit Hilfe eines ein Scoresystems mit vordefinierten Kriterien bewerteten die Autoren die methodologische Qualität der Primärstudien. Die meisten Studien hatten bedeutende methodologische Schwächen, es gab aber viele Ausnahmen. Die Ergebnisse von 81 Studien wurden positiv, 24 Studien negativ gewertet. Zwei Studien konnten nicht interpretiert werden. Die Autoren kamen zu dem Schluß, sie wären bereit zu akzeptieren, dass Homöopathie wirksam sein kann, wenn nur die ihre Wirkmechanismen plausibler wären.<ref group="C">S.4</ref><ref>{{:Jos Kleijnen/Clinical trials of homoeopathy}}</ref>
 +
 
 +
[[Lindestudie]]: [[Klaus Linde]], [[Nicola Clausius]] et al. führten eine Metanalyse mit verschiedenen Subgruppenanalysen durch, die [[Klaus Linde/Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects?|im Lancet]]<ref name="Lindestudie">{{:Klaus Linde/Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects?}}</ref>, [[Nicola Clausius/Kontrollierte klinische Studien zur Homöopathie|im Rahmen einer Dissertation]]<ref group="C">Ganzes Buch</ref> und [[Klaus Linde/Systematische Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen–Anwendungsbeispiele und empirisch-methodische Untersuchungen|einer thematisch umfassenderen Habilitationsschrift]]<ref>{{:Klaus Linde/Systematische Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen–Anwendungsbeispiele und empirisch-methodische Untersuchungen}}</ref> veröffentlicht wurden. Linde und Clausius fanden für alle Untergruppen statistisch signifikante Ergebisse. Der Effekt der homöopathischen Behandlung war über alle Untergruppen gepoolt etwa doppelt so groß, wie der der Placebogruppe und auch mit einer Korrektur für einen Publication Bias ließ sich die Statistische Signifikanz nicht aufheben<ref group="C">S.64</ref>. Um die Wirksamkeit der Homöopathie für eine einzelne Diagnose nachzuweisen, lagen wesentlich zu wenig Studien vor.
 +
 
 +
[[Aijing Shang/Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects?|Eggerstudie]]: [[Aijing Shang]] ist der Hauptautor dieser nach dem zuständigem Professor [[Matthias Egger]] benannten Studie. Es wurden 110 homöopathische Studien mit 110 Studien zu konventioneller Medizin verglichen und dann die 6 hochwertigsten konventionellen Studien mit den acht hochwertigsten und größten Studien zur Homöopathie verglichen. Bei letzterem war das Ergebnis nicht mehr statistisch signifikant. Daraus schlossen die Autoren, daß die scheinbare Wirksamkeit der Homöopathie in den schlechteren Studien möglicherweise auf deren methodische Mängel zurückzuführen sei.<ref name="Shang">{{:Aijing Shang/Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects?}}</ref> Die Studie wurde heftig wegen Mängeln in der Berichterstattung und methodischen Mängeln kritisiert und Reanalysen der untersuchten Studien führten die Autoren der Reanalysen zu abweichenden Schlüssen.
 +
 
 +
=== Das Problem mit dem Zusammenlegen unterschiedlicher Studien ===
 +
Es wurden bei den obigen systematische Übersichtsarbeiten jeweils Studien mit sehr unterschiedlichen verwendeten Methoden und die sich auf sehr unterschiedliche Krankheiten beziehen zusammengefaßt. Das führt bei unterschiedlicher Wirksamkeit je nach Krankheit, Homöopathischer Methode und Indikation dazu, daß die erkennbaren Effekte sich im Vergleich zu der Methode und Indikation, wo die stärksten Wirkungen auftreten, verkleinern. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, ein statistisch signifikantes Ergebnis zu erhalten und ein statistisch nicht signifikantes Ergebnis verliert an Aussagekraft, da es hierfür zu viele unterschiedliche mögliche Interpretationen gibt. Biases, die eine unwirksamkeit der Methode nahelegen sind häufiger als falsch-positive Ergebnisse in Studien zu komplexen Therapiesystemen<ref name="Hansueli"/>. Das hat zur Folge, daß man mit diesem Studiendesign, falls man ein statistisch gesehen positives Ergebnis erreicht, ein klar zu interpretierendes Ergebnis hat, während bei einem statistisch nicht signifikant positiven Studienergebnis sehr unterschiedliche Interpretationen möglich sind.
 +
 
 +
Da das Ergebnis der Lindestudie für alle Untergruppen statistisch signifikant positiv für die Homöopathie ausgefallen waren, war es sehr einfach als "Homöopathische Potenzen haben eine nachweisbare heilsame Wirkung, die über den Placeboeffekt hinausgeht." zu interpretieren gewesen.<ref group="C">S.69</ref>
 +
 
 +
Die Eggerstudie kommt jedoch für die 8 Studien mit der höchsten internen statistischen Validität zu keinem statistisch signifikanten Ergebnis. Dabei eröffnen sich weitaus mehr unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten des Ergebnisses:
 +
# Homöopathie ist ein Placeboeffekt, das statistisch signifikant positive Ergebnis der kleineren Studien beruht auf Fehlern dieser Studien<ref name="Shang"/>
 +
# Homöopathische Mittel sind für unterschiedliche Indikationen unterschiedlich wirksam - bei Muskelkater hilft sie nicht erkennbar, (das war die größte nicht signifikant positiv ausgefallen Studien), bei diversen anderen Idikationen ist die Wirksamkeit vorhanden.<ref name="Lüdtke">{{:Rainer Lüdtke/The conclusions on the effectiveness of homeopathy highly depend on the set of analyzed trials}}</ref>
 +
# Die statistische Signifikanz geht dadurch verloren, daß wirksame und unwirksame homöopathische Methoden bei der Anwendung homöopathischer Mittel gemischt ausgewertet wurden. Die Studien die klassische Homöopathie nach Hahnemann anwenden - davon war nur eine unter den acht übriggebliebenen Studien vorhanden aber einige weitere unter den 21 besten - hatten statistisch signifikant positive Ergebnisse.<ref name="Dellmour">{{:Friedrich Dellmour/Wirksamkeit der Homöopathie nachgewiesen!}}</ref>
 +
 
 +
Ein statistisch signifikant negatives Ergebnis, wäre wieder einfacher zu interpretieren gewesen: Dann wäre Homöopathie unerwarteterweise nachweisbar wirksam und würde - mindestens bei wenig sorgfältigen Interventionen - unerwarteterweise mehr Schaden als Nutzen bewirken.
 +
 
 +
[[Dieter Melchart]] et Al. kommen dann im [[Dieter Melchart/PEK Schlussbericht|PEK Schlußbericht]] auch zu dem Ergebnis: "Aus dem Fehlen eines signifikanten Effektes der grösseren, methodisch besseren Homöopathiestudien bzw. aufgrund der Meta-Regression zu folgern, dass die Ergebnisse dafür sprächen, dass die klinischen Effekte der Homöopathie Placeboeffekte seien, erscheint dem Bewertungsausschuss zu weitgehend."<ref  group="M">S.85</ref>
 +
 
 +
=== Qualität - Gültigkeit der statistischen Analyse in sich selber ===
 +
Eggerstudie: Die Qualität der schliesslich ausgewählten 110 homöopathischen und 110 schulmedizinischen Studien wurde nach drei Kriterien «Randomisierung (Zufallsverteilung)», «Verblindung» und «Datenanalyse» beurteilt. 21 Homöopathiestudien (19%) und 9 Studien zur konventionellen Medizin (8%) waren von «höherer Qualität.»<ref name="Hansueli">{{:Hansueli Albonico/Die Homöopathiestudie: Anatomie einer statistischen Operation}}</ref> Es gab mehr Studien hoher Qualität unter den homöopathischen Studien als unter den konventionellen Studien. Das könnte die geringeren Effektgrößen bei der [[Homöopathie]] teilweise erklären.<ref name="Rutten"/>
 +
 
 +
Lindestudie: Die interne Validität der Studien wurde mit einem Scoresystem erfaßt, bei dem für Randomisation, Durchführung der Randomisation, Vergleichbarkeit der Patientengruppen vor der Behandlung, Verblindung der Patienten, Verblindung der auswertenden Ärzte, Selektionsfehler nach Auswertungsbeginn und Statistische Auswetung, jeweils 0, einer und bei einigen auch 0,5 Punkte vergeben wurden. Außerden wurde das Scoresystem nach A. Jadad et Al. verwende<ref group="C">S.11ff</ref>.
 +
 
 +
=== Qualität - Homöopathie? ===
 +
Eggerstudie: Welche Art der Homöopathie wie korrekt umgesetzt wurde, wurde bei der Studie nicht berücksichtigt.<ref name="Hansueli"/> Die statistische Signifikanz der Ergebnisse könnte deshalb dadurch verloren gegangen sein, daß große Studien bezogen auf die homöopathische Methodik schlechter sind als kleine, da nicht genügend qualifizierte Therapeuten zur Verfügung stehen.<ref name="Heusser">{{:Peter Heusser/EBM: Durch Fakten oder Annahmen?}}</ref>
 +
 
 +
Lindestudie: In der Lindestudie gab es ebenfalls einen Score für die Modellvalidität (model validity) der Studien. Anhand eines Scoresystems wurde überprüft, inwieweit die in den Studien angewendete Homöopathie mit den durch Hahnemann aufgestellten Grundsätzen übereinstimmt. Für die Übereinstimmung der Arzeneimittelwahl mit dem Simileprinzip wurden bis zu fünf Punkte vergeben, für die Validierung durch Kollegen, die Angabe des Grades des Vertrauens in die Verschreibung, für das Vorhandensein in einer Materia Medica der Homöopathie, Beschränkung auf ein einzelnes Mittel und das homöopathische Fachwissen des Arztes konnte jeweils ein Punkt vergeben werden<ref group="C">S.14ff</ref>.
  
 
=== Publication-Bias ===
 
=== Publication-Bias ===
 +
Eggerstudie: Es waren 19 der durch Linde gefundenen unpublizierten homöopathischen Studien in die Untersuchung eingeschlossen, während keine einzige der konventionellen Studien unpubliziert war. Das könnte die geringeren Effektgrößen bei der [[Homöopathie]] teilweise erklären.<ref name="Rutten">{{:Alexander Leonard Benedictus Rutten/The 2005 Lancet review proved superior quality of homeopathy trials. What's next?}}</ref>
 +
 +
Lindestudie: Linde suchte intensiv nach Studien. Neben onlinerecherchen in [[Medline]], [[Embase]] und im [[Science Citation Index]] (1966 bis Oktober 1995), Abfragen an komplementärmedizinischen Datenbanken ([[Allied and Complementary Medicine Database|AMED]], [[Informatie- en Documentatiecentrum voor Alternatieve Geneeswijzen|IDAG]], [[centralised information service for complementary medicine|CISCOM]], [[Hom-Inform]], [[Woodward Foundation]], [[CCRH]], Dokumentationszentren der Manufakturen [[Boiron]] und [[Dolisos]])
 +
 +
=== Studiengröße ===
 +
Die könnte dadurch verloren gehen, daß große Studien bezogen auf die homöopathische Methodik schlechter sind als kleine, da nicht genügend qualifizierte Therapeuten zur Verfügung stehen.<ref name="Heusser"/>
  
 
=== Statistisch nicht signifikant ist nicht gleich negativ ===
 
=== Statistisch nicht signifikant ist nicht gleich negativ ===
 +
Eggerstudie: Bei statistischer Kombination der acht "besten" Homöopathiestudien bleibt noch immer eine positive Wirkung, aber die Signifikanz geht verloren. Aufgrund der letztendlich ungenügenden Signifikanz der kombinierten Auswertung von acht Studien wird aufgrund zahlreicher Annahmen<ref name="Heusser"/> geschlossen, dass Homöopathie nicht wirksamer sei als Placebo.<ref name="Hansueli"/>
  
=== paradigmen ===
+
=== Paradigmen ===
 
Daß beide Seiten sich auf ihre jeweiligen Standpunkte versteifen liegt daran, daß sie aus einem unterschiedlichen Weltbild oder Paradigma heraus argumentieren.
 
Daß beide Seiten sich auf ihre jeweiligen Standpunkte versteifen liegt daran, daß sie aus einem unterschiedlichen Weltbild oder Paradigma heraus argumentieren.
  
Aus Sicht der Gegner ist eine homöopathische Wirkung unmöglich, da eine Gabe einer homöopathischen Hochpotenz kein einziges Atom der Ausgangssubstanz mehr enthalten kann, wie man anhand der Lohschmidschen Zahl leicht errechnen kann.
+
Aus Sicht der Gegner ist eine homöopathische Wirkung unmöglich, da eine Gabe einer homöopathischen Hochpotenz kein einziges Atom der Ausgangssubstanz mehr enthalten kann, wie man anhand der Lohschmidschen Zahl leicht errechnen kann<ref group="C">S.2f</ref>.
  
 
Aus Sicht der Befürworter ist eine solche Wirkung durchaus möglich, da sie postulieren, daß die Arzeneiinformation entweder auf der feinstofflichen Ebene oder aber durch die Ausrichtung der Wasserkristalle übertragen wird.
 
Aus Sicht der Befürworter ist eine solche Wirkung durchaus möglich, da sie postulieren, daß die Arzeneiinformation entweder auf der feinstofflichen Ebene oder aber durch die Ausrichtung der Wasserkristalle übertragen wird.
Zeile 46: Zeile 82:
  
 
Andere Typen von Untersuchungen zur Homöopathie und damit zusammenhängenden Bereichen
 
Andere Typen von Untersuchungen zur Homöopathie und damit zusammenhängenden Bereichen
 +
 +
 +
=== Gesamtbewertung ===
 +
Die Ergebnisse der Übersichts-Studien zur Homöopathie passen exakt zu dem, was zu erwarten wären, wenn Homöopathie so funktionieren würde, wie es die Homöopathen annehmen. Sie sind nur marginal und mit Hilfe vieler Zusatzannahmen mit der Vorstellung zu vereinbaren, Homöopathie wäre unwirksam. Das viele Autoren trotz dieser Studienergebnisse lieber von der Annahme ausgehen, Homöopathie wäre unwirksam, ist darauf zurückzuführen, daß sie nicht bereit sind, ihr Weltbild aufgrund von Forschungsergebnissen infrage zu stellen.
  
 
== Die Bedeutung des Gesprächs mit dem Homöopathen ==
 
== Die Bedeutung des Gesprächs mit dem Homöopathen ==
[[Sarah Brien]] untersuchte in einer Studie mit drei Behandlungs und zwei Placebogruppen die Wirkung von Homöopathischen und Komplexmittelbehandlungen. Sie kam zu dem Ergebnis, die Wirkung der Homöopathischen Behandlung sei auf das Gespräch mit dem Homöopathen und nicht auf die Wirkung der homöopathischen Mittel zurückzuführen.<ref>{{:Sarah Brien/Homeopathy has clinical benefits in rheumatoidarthritis patients that are attributable to the consultation process but not the homeopathicremedy: a randomized controlled clinical trial}}</ref>
+
[[Sarah Brien]] untersuchte in einer Studie mit drei Behandlungs- und zwei Placebogruppen die Wirkung von Homöopathischen und Komplexmittelbehandlungen. Sie kam zu dem Ergebnis, die Wirkung der Homöopathischen Behandlung sei auf das Gespräch mit dem Homöopathen und nicht auf die Wirkung der homöopathischen Mittel zurückzuführen.<ref>{{:Sarah Brien/Homeopathy has clinical benefits in rheumatoidarthritis patients that are attributable to the consultation process but not the homeopathicremedy: a randomized controlled clinical trial}}</ref>
 
   
 
   
 
{{Gesundheitshinweis}}
 
{{Gesundheitshinweis}}
Zeile 59: Zeile 99:
 
H) {{:Samuel Hahnemann/Organon der Heilkunst/1992}}
 
H) {{:Samuel Hahnemann/Organon der Heilkunst/1992}}
 
<references group="H"/>
 
<references group="H"/>
 +
 +
M) {{:Dieter Melchart/PEK Schlussbericht}}
 +
<references group="M"/>
  
 
Pflanzen, Tiere
 
Pflanzen, Tiere
Zeile 76: Zeile 119:
 
#[http://www.informationen-zur-homoeopathie.de/?page_id=41 Informationen zur Homöopathie. Klinische Forschung]
 
#[http://www.informationen-zur-homoeopathie.de/?page_id=41 Informationen zur Homöopathie. Klinische Forschung]
 
#[http://www.informationen-zur-homoeopathie.de/?page_id=280 Informationen zur Homöopathie. Grundlagenforschung]
 
#[http://www.informationen-zur-homoeopathie.de/?page_id=280 Informationen zur Homöopathie. Grundlagenforschung]
 +
#{{:Hansueli Albonico/Die Homöopathiestudie: Anatomie einer statistischen Operation}}

Aktuelle Version vom 8. August 2013, 13:45 Uhr